Gleis 1 - Klage

14-04-17 Gleis 1-Klageaktuell.pdf
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Im Weser-Kurier vom 5. 6. 2013 wurde ausführlich über die Klageabweisung berichtet. Hier geht es noch nicht um das Hauptverfahren, sondern zunächst um das vor 11 Monaten  von Walter Ruffler eingeleitete Eilverfahren auf Stopp der Bautätigkeiten bis zur entgültigen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes. Ein Argument der Klageabweisung ist paradoxerweise die Vollendung der Bauarbeiten, ein Stopp sei also nicht mehr möglich!!!

Unten finden Sie den WK-Bericht, den Bescheid des Gerichtes und die Stellungnahme von Walter Ruffler dazu.

WK20130605s11ovg.pdf
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Aktuelle informationen zum Stand der Klage

19. 3. 2013 :Für alle Interessierten werden hier die Ziele und der bisherige Verlauf der Klage von Walter Ruffler noch einmal zusammengefasst  dargestellt. Es gibt noch keinen festen Termin für die Verhandlung vor Gericht, es ist aber mit einem baldigen Prozessbeginn zu rechnen. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten.

17_Klagedarstellung_13-03-09.pdf
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12. 11. 2012 Walter Ruffler stellt einen Antrag auf Ortsbesichtigung. Die zur Zeit am Gleis 1 stattfindenden Arbeiten entsprächen nicht dem Wortlaut des Planfeststellungsbeschlusses, sagt Walter Ruffler. Hier sein Antrag:

AaOGleis120121112.pdf
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19. 11. 2012 Das Eisenbahnbundesamt und die DB sind gegen eine Baustellenbesichtigung. Hier die Begründung:

29. 11. 2012 Replik von Walter Ruffler auf das Schreiben des EBA

Darstellung seiner Klage durch Walter Ruffler:

 

1. Klageerhebung im Januar 2012

 

Am 23.01.2012 erhob ich durch meinen Anwalt Klage beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamtes (EBA) zur "Verlängerung von Gleis 1" des Bremer Hauptbahnhofs (Aktenzeichen 1 D 22/12). Diesen Beschluss hatte das EBA am 16.12.2011 gefasst und mir am 22.12.2011 zugestellt - zwei Tage vor Weihnachten ! Ziel meiner Klage ist die Aufhebung des Beschlusses und damit die Verhinderung der geplanten "Ertüchtigung" des Hauptbahnhofs ("Anfechtungsklage"). Hilfsweise beantrage ich besseren aktiven bzw. passiven Schallschutz, d.h. eine Nachbesserung des Planfeststellungsbeschlusses ("Verpflichtungsklage"), falls meine Anfechtungsklage scheitern sollte.

 

Durch die "Ertüchtigung" des Knotens Bremen soll die Kapazität von 224 Güterzügen pro Tag um 25% auf täglich 280 Güterzüge gesteigert werden, von denen 150 nachts fahren sollen. Auf diese Weise sollen die durch den Jade-Weser-Port erwarteten zusätzlichen Containerzüge über Bremen abgewickelt werden. Mehr Züge aber bedeuten mehr Lärm und Erschütterungen. Lärmschutzmaßnahmen sind nur für den unmittelbaren Baubereich geplant. Dass heißt: alle anderen Anlieger bis zur Landesgrenze in Hemelingen werden zwar die volle Dröhnung erhalten, aber keinerlei zusätzlichen Lärm- und Erschütterungsschutz.

 

Da mein Grundstück in der Roonstraße rund 430m südlich des Baubereichs (der "Baugrube") liegt, habe ich nach Auffassung der Bahn keinen Anspruch auf aktive Lärmschutzmaßnahmen, obwohl die derzeitige Lärmbelastung bereits 74 dB(A) am Tag und 75 dB(A) in der Nacht beträgt. Eine Lärmschutzwand wurde während einer "freiwilligen" Lärmsanierung 2002 in der Roonstraße von der Bahn wegen eines ungünstigen Kosten-Nutzen-Verhältnisses abgelehnt: zu teuer!

 

Der Beirat Mitte und zwei weitere Anwohner reichten ebenfalls Klage ein, wobei die Klage des Beirats und eines Anwohners lediglich besseren Schallschutz forderten (Verpflichtungsklagen).

 

Sie können den Planfeststellungsbeschluss und meinen Kommentar dazu unter A. und B. nachlesen: 

A. Planfeststellungsbeschluss vom 16.12.2011: "Seehafenhinterlandverkehr (SHHV), Ertüchtigung des Knotens Bremen, Bremen Hauptbahnhof Verlängerung Gleis 1"
Planfeststellungsbeschluss Gleis 1 - 11-[...]
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B. Kritik des Planfeststellungsbeschlusses
Anmerkungen Planfeststellungsbeschluss 1[...]
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C. Erpressungsbrief der Bahn vom 15.03.2012
01 Erpressungsbrief 12-03-15.pdf
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2. Ein Erpressungsversuch der Bahn im März 2012

 

Während des Planfeststellungsverfahrens sagte die Bahn auf meinen Antrag hin mir und anderen Einwendern aus der Roonstraße die Finanzierung von Schallschutzfenstern zu. Allerdings nicht aus Menschenfreundlichkeit, sondern um einer Klage vorzubeugen, wie ich später erfuhr. Mit Schreiben vom 15.03.2012 forderte die Bahn mich auf, meine Anfechtungsklage zurückzuziehen, andernfalls wären die Zusagen von Lärmschutzfenstern hinfällig:

"Sämtliche Anträge auf Gewährung von passiven Lärmschutzmaßnahmen, also Einbau von Schallschutzfenstern, Lüftern und dergl., aufgrund der Zusage müssen abgelehnt werden, wenn Ihre Klage nicht unverzüglich zurückgenommen wird."

 

Das OVG stellte fest, dass die Zusagen Teil des Planfeststellungsbeschlusses geworden seien und damit nicht von der Bahn einseitig aufgekündigt werden können.

 

Den Erpressungsbrief können Sie unter C. nachlesen und unter D. und E. die Berichterstattung darüber im Weser Kurier.

D. "Bahn droht Anwohner" Weser Kurier vom 18.04.2012
12-04-18 WK Bahn droht Anwohner.pdf
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E. "Bahn muss Zusagen einhalten" Weser Kurier vom 25.05.2012
12-05-25 WK Bahn muss Zusagen einhalten.[...]
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3. Erörterungstermin beim OVG im April 2012

 

Für den 24.04.2012 lud das OVG alle Beteiligten zu einem Erörterungstermin ins Justizzentrum Am Wall 198, Bremen, ein. Neben dem EBA als beklagter Behörde waren die DB Netz AG als Beigeladene, Vertreter des ebenfalls klagenden Beirats Mitte sowie zwei weitere klagende Anwohner anwesend. Der vorsitzende Richter Michael Göbel sprach dem Beirat jegliches Klagerecht ab und empfahl die Rückziehung der Klage. Allen anderen Beteiligten riet er zu einer außergerichtlichen Einigung. Am 03.05.2012 fand ein derartiges Gespräch in der Kanzlei meines Anwalts statt. Die Angebote der Bahn waren für mich unbefriedigend, ich hielt meine Klage aufrecht.

F. Protokoll des Erörterungstermins vom 24.04.2012
12-04-24 Zum Erörterungstermin des OVG.p[...]
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4. Widerrechtlicher Baubeginn im April 2012

 

Gemäß § 80 Absatz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat meine Klage aufschiebende Wirkung, d.h. die Bahn darf nicht mit den Bauarbeiten beginnen. Dennoch ließ sie im April 2012 rechtswidrig die Bagger rollen, was auf meinen Eilantrag hin vom Gericht gestoppt wurde. Das war ein erster kleiner Erfolg.

5. Die "Anordnung der sofortigen Vollziehung"  im Juni 2012

 

Anfang Juni setzte die Bahn die Bauarbeiten rechtswidrig fort, worauf ich mit Antrag vom 08.06.2012 abermals einen Baustopp verlangte. Doch bevor mein zweiter Eilantrag auf Baustopp greifen konnte, hatte das EBA auf Antrag der Bahn am 07.06.2012 die "sofortige Vollziehung" des Planfeststellungsbeschlusses gemäß § 80 Absatz 2 Satz 4 VwGO angeordnet. Diese Vollziehungsanordnung hebt bedauerlicherweise die aufschiebende Wirkung meiner Klage auf. Somit konnte die Bahn völlig legal mit den Bauarbeiten fortfahren.

G. Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 07.06.2012
05 Anordnung der sofortigen Vollziehung [...]
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6. OVG Bremen lehnt meinen Eilantrag im Juli 2012 ab

 

Um die aufschiebende Wirkung meiner Klage wiederherzustellen, stellte mein Anwalt am 15.06.2012 einen entsprechenden Antrag auf "Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung" gemäß § 80 Absatz 5 VwGO beim OVG Bremen, im Grunde ein Antrag auf Baustopp. Diesen Antrag lehnte das OVG mit Beschluss vom 27.07.2012 ab. Das heißt, die Bahn kann vorläufig legal weiterbauen, die endgültige Entscheidung wird im Hauptverfahren fallen.

 

Eine klare Niederlage für mich. Dennoch ist der Beschluss des OVG nicht uninteressant, da das Gericht feststellt: 

"Dabei ist in seinem Fall davon auszugehen, dass bereits durch die vorhandene Belastung die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG) überschritten ist; bei einer im Jahr 2000 durchgeführten Lärmermittlung sind Beurteilungspegel von tags 74 dBA und nachts 75 dBA festgestellt worden" (S. 6).

 

Und das Gericht hält Ansprüche auf weitergehenden aktiven und passiven Lärmschutz für möglich, obwohl mein Grundstück außerhalb der "Baugrube" liegt, was eine Nachbesserung des Planfeststellungsbeschlusses im Sinne meiner Hilfsanträge nach sich ziehen könnte: 

"Im Falle des Antragstellers ist zwar möglicherweise überprüfungsbedürftig, ob die Antragsgegnerin (die Deutsche Bahn, W.R.) den Antragsteller zu Recht nicht in die Lärmbeurteilung einbezogen hat. Sollte diese Nichtberücksichtigung rechtlich zu beanstanden sein, könnte der Antragsteller indes allein die räumliche Erweiterung des vorhandenen Lärmschutzkonzepts und ggf. eine Ergänung des Planfeststellungsbeschlusses um weitere aktive oder passive Lärmschutzmaßnahmen verlangen" (S. 5).

 

Eine derartige "räumliche Erweiterung" wäre ein Meilenstein in der Rechtsprechung, denn damit wäre das traditionelle "Baugrubenmodell" der Bahn auf die Strecke rechts und links der Baumaßnahme erweitert. Das hätte bundesweite Konsequenzen, weswegen die Bahn bereits Berufung gegen das Urteil angekündigt hat, sollte ich auch nur in diesem einen Punkte gewinnen. Das heißt also, einen langen Atem haben und ein entsprechendes finanzielles Polster, denn ein langer Rechtsstreit über zwei Instanzen kostet - wenn er ganz oder teilweise verlorengehen sollte.

 

Den OVG-Beschlusse und meinen Kommentar dazu finden Sie unter H. und I..

H. OVG-Beschluss vom 27.07.2012
12-07-27 OVG Beschluss 1 B 155-12.pdf
PDF-Dokument [456.5 KB]
I. Meine Pressemitteilung vom 04.08.2012 zum OVG-Beschluss
12-08-04 PM zum OVG-Beschluss vom 12-07-[...]
PDF-Dokument [55.3 KB]

 

7. Antrag auf Ortsbesichtigung der Gleis 1-Baustelle

 

Am 8.11.2012 stellte mein Anwalt einen Antrag, "die eingerichtete Baustelle und aufgenommene Bautätigkeit in Augenschein zu nehmen". Anlass für dieses Beweissicherungsverfahren ist die dringende Vermutung, dass anders gebaut wird, als im Planfeststellungsbeschluss (PFB) festgelegt, also "unerlaubtes Bauen" vorliegt:

"Die bisherige Bautätigkeit sowie die weiter beabsichtigte, nämlich durch die bisherigen Maßnahmen vorbereitete und indizierte Bautätigkeit stimmt nicht mit dem planfestgestellten Programm und damit der öffentlich-rechtlichen Befugnis überein; es wird gebaut, was nicht - durch PFB - erlaubt wurde" (S. 4).

 

Im PFB heißt es: "Gegenstand des Verfahrens ist die Verbindung zweier vorhandener Abstellgleise die Veränderung von Weichenanschlüssen" (S. 15). Dieser Satz scheint grammatikalisch unvollständig und könnte auf verschiedene Weise ergänzt werden, weiter: "Die Notwendigkeit zur Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens ergibt sich aus dem Umstand, dass aus zwei Abstellgleisen ein durchgehendes Gleis entsteht" (S. 15), und: es handle sich lediglich um die "simple(n) Verbindung von zwei Abstellgleisen" (S. 16).

 

Die Wirklichkeit ist: Alle im Wege liegenden Abstellgleise wurden abgerissen oder gekürzt, um Platz zu schaffen für ein neues Gleis, das die Strecke 1500 (Oldenburg) direkt mit der Strecke 1401 (Sebaldsbrück - Hannover) verbindet.

 

Warum nun beschreibt der PFB die Baumaßnahme nicht korrekt? Sprachliches Unvermögen, eigene Unklarheit über den Sachverhalt? Oder steckt eine verschleiernde Absicht dahinter? Ich vermute letzteres. Der PFB betont mehrfach, dass mit der Baumaßnahme keine Kapazitätserhöhung verbunden sein könne: "Dies ergibt sich schon aus dem Umstand, dass aufgrund der Herstellung eines neuen kurzen Gleisstückes keine zusätzlichen Züge fahren können" (S. 16).

 

Der PFB versucht, die Bedeutung der Baumaßnahme zu bagatellisieren. Hintergrund: Das Eisenbahnbundesamt (EBA) war von der Anhörungsbehörde (beim Senator für Umwelt) auf das Fehlen einer Alternativenprüfung hingewiesen worden. Das EBA hatte daraufhin wiederholt bei der Bahn weitere Erläuterungen angemahnt, "um die Planrechtfertigung für das verfahrensgegenständliche Vorhaben in gerichtsfester Form nachzuvollziehen" (Brief vom 5.10.2011). Da die Bahn keine entsprechenden Auskünfte geben konnte, wurde die Formel von der "Verbindung zweier Abstellgleise" entworfen, um von dem Versäumnis abzulenken. Leider übernahm das Oberverwaltungsgericht Bremen in seinem Beschluss vom 27.07.2012 die Darstellung des PFB und kam damit zu einer falschen Einschätzung der Situation. Durch den beantragten Ortstermin soll für alle Beteiligten nun Klarheit über die tatsächliche Bautätigkeit erreicht werden.